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Neues aus den Häusern

Von Füllfederhaltern und Yogamatten

Während pandemiegeplagte Eltern sich nach Erholung sehnen, haben viele Kinder schulischen Unterrichtsstoff aufzuholen. Das Mehrgenerationenhaus FLAKS in Hamburg hat ein vielfältiges Unterstützungspaket aus Schreibwerkstatt, Entspannungsangebot und Gesprächsrunde geschnürt.

Zwei Jungen mit dunklen Haaren sitzen am Tisch und lesen in einem Bilderbuch
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Die Corona-Zeit hat Familien vor viele Herausforderungen gestellt. Julia Buntenbach, Geschäftsführerin im Zentrum für Frauen und Mehrgenerationenhaus FLAKS, hat die Erfahrung gemacht, dass besonders Familien mit geringem Einkommen belastet waren. In der Umgebung der Einrichtung wohnen diverse Familien, die von Armut betroffen sind und zusammen mit zahlreichen Menschen in kleinen Wohnungen oder in Unterkünften für Geflüchtete leben. „Während der letzten Monate haben sich die Existenzängste dieser Eltern noch verstärkt, weil viele von ihnen zum Beispiel im Gastronomiebereich tätig sind“, berichtet Julia Buntenbach. „Gleichzeitig mussten sie, meistens verstärkt die Mütter, ihre Kinder zu Hause betreuen und beim Homeschooling unterstützen. Durch die mangelnde digitale Ausstattung oder Sprachbarrieren hatten sie Sorge, ihren Kindern nicht ausreichend helfen zu können.“

Sprachspaß für die Kleinen

Um den Familien den Weg zurück in den Alltag zu erleichtern, hat das Mehrgenerationenhaus im Rahmen des Projekts „MGH – gemeinsam & engagiert mit Kindern & Jugendlichen“ das Angebot „Die Kinder lernen, die Mütter entspannen“ ins Leben gerufen. Seit September 2021 können die Mädchen und Jungen in einer Schreibwerkstatt spielerisch ihren Wortschatz erweitern und ihre rhetorischen Fähigkeiten ausbauen. Viele von ihnen, vor allem diejenigen aus Familien mit Fluchtgeschichte, hatten während der Lockdowns nämlich wenig Kontakt zur deutschen Sprache. Das Angebot zielt darauf ab, Hemmungen abzubauen und die Freude am Sprechen und Schreiben zu entdecken – nicht zuletzt, um in der Schule gut mitkommen zu können. Dafür denken sich die Kinder unter Anleitung einer pädagogischen Mitarbeiterin des Mehrgenerationenhauses zum Beispiel Geschichten zu einer Abfolge von drei vorgegebenen Bildern aus, schreiben diese auf und stellen sie dann der Gruppe vor. „Sie haben großen Spaß daran, zu entdecken, wie unterschiedlich ihre Ideen sind“, sagt Julia Buntenbach. „Dabei geht es nicht darum, immer das perfekte Wort zu finden oder druckreife Sätze zu formulieren, sondern einfach mal loszulegen und so Hürden zu überwinden.“

Stressabbau nach dem Lockdown

Zeitgleich findet für die Mütter ein Yoga-Kurs statt. „Sie waren in den letzten eineinhalb Jahren oft überlastet. Wir hatten noch nie so viele Gesprächsanfragen im Rahmen unserer Beratungsangebote im Mehrgenerationenhaus“, berichtet Julia Buntenbach. „Und jetzt bekommen sie häufig defizitorientiert gesagt, was ihre Kinder alles nachholen müssen, weil sie zu Hause nicht genug gemacht haben. Bei uns können sie entspannen und wieder Kraft tanken, während ihre Kinder unterstützt und gefördert werden.“ Gerade diese Kombination kommt gut an. Eine Mutter hat den Engagierten zum Beispiel erzählt, dass sie nur mit gutem Gewissen etwas für sich tun kann, weil sie weiß, dass ihr Kind währenddessen gut betreut ist.

Im Anschluss an die Kurse lassen alle den Abend bei Tee und Snacks gemeinsam ausklingen. Dann kommen auch die Sorgen und Ängste der Mütter noch einmal zur Sprache. Im Fokus steht aktuell oft das Thema Mediennutzung. Zu konkreten Fragen, zum Beispiel wie Eltern ihre Kinder jetzt in ihrem Handykonsum wieder begrenzen und zu anderen Beschäftigungen animieren können, kann die pädagogische Mitarbeiterin des Mehrgenerationenhauses meist direkt Anregungen geben. Wenn das nicht ausreicht, ebnet sie den Weg zu weiteren Beratungsangeboten im Haus. „So bieten wir auch eine niedrigschwellige Möglichkeit, hier längerfristig Anschluss zu finden“, sagt Julia Buntenbach. „Während der Pandemie hatten viele Familien, die ohnehin in herausfordernden Verhältnissen leben, das Gefühl, noch mehr abgehängt zu sein. Wir als Mehrgenerationenhaus können dazu beitragen, dass das in Zukunft nicht mehr passiert.“